Leserbrief an den Falter, Ausgabe 24, 2024
Leserbrief zu Falter 22/24, Seite 35: Das Yoga Problem
Danke für die Anregung der Diskussion, was Yoga zu praktizieren im globalisierten Kontext bedeuten kann. Als österreichischer Berufsverband der Yogalehrenden (yoga.at) sehen wir uns in der Verantwortung, Yoga in seinen vielen Facetten, in seiner historischen Entwicklung und in seiner Bedeutung als Schnittstelle zur Gesellschaft zu reflektieren.
Dazu gehört z. B. auch, Yoga für sozial schwächere oder nicht so fitte Menschen anzubieten. Wir haben auch Fortbildungen für Yoga bei MS oder für Demenzbetroffene. Yoga kann Menschen lebenslang begleiten, ist eben viel mehr als Asana, wird im Idealfall zu einer Lebenseinstellung.
Zum Thema Yoga-Philosophie im Unterricht möchte ich anmerken, dass wir vierjährige Ausbildungen anbieten, die Schüler befähigen sollen, Philosophie bzw. Ethik alltagstauglich in den Unterricht zu integrieren. Es ist natürlich nicht sinnvoll, Teilnehmern „philosophische Schriften in Sanskrit vor den Bug zu knallen“, da hat Frau Pross völlig Recht. Aber trotzdem sollte man wissen, was da eigentlich geübt wird, nämlich eine meditative Praxis, die auch der Persönlichkeitsentwicklung förderlich ist.
Das ist eben die Kunst des Unterrichtens: Philosophie in kleinen Dosen zu vermitteln, schwebend zwischen konkreten Anatomieansagen, Atempraxis und spiritueller Begleitung.
Schnell mal für 75 Minuten einzuchecken ist nicht das Problem, mit der nötigen Konsequenz wird Yoga früher oder später zu einer Grundlage für wichtige Lebensentscheidungen. Wer dranbleibt, interessiert sich irgendwann dafür. Die Auseinandersetzung mit den Yama und Niyama-Prinzipien aus dem Yoga-Sutra ist dabei hilfreich. Und dann sollte der/die Lehrende gute Antworten haben.
Bezugnehmend auf das Thema Kolonialismus, das in dem Artikel angesprochen wird, möchte ich auf unser Online-Seminar „Yoga kritisch denken“ hinweisen, das im Herbst stattfinden wird.
Alexandra Eichenauer-Knoll
Mitglied im Vorstand von Yoga Austria-BYO
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